Unterwegs im Stadttunnel

«Was Gott durch einen Berg getrennt hat, sollte der Mensch nicht durch einen Tunnel verbinden.»

Als Tunnelbauertochter kann ich mit diesem Spruch, der im Zusammenhang mit dem Bau des Arlberg-Eisenbahntunnels entstanden ist, nicht viel anfangen. Auch hatte die Linke mit Gott noch nie wirklich viel am Hut und neigt bekanntlich eher zum Säkularismus. Zudem geht es hier auch nicht um einen Tunnel durch einen Berg, sondern um einen untendurch – genauer um den Stadttunnel unter dem Hauptbahnhof.

Mit dem 440 m langen Tunnel fährt man im Nu von Aussersihl ins Industriequartier – vom Vieri is Föifi – oder umgekehrt. Was vorher eine elende Bucklerei war – über die Treppen des Negrellistegs, weil der Lift nicht kam, oder über die Rolltreppe des Bahnhofes, wozu mitunter artistische Fähigkeiten nötig waren – ist nun ein Luftzug entfernt. Und damit sind es auch unsere Gschpänli der SP4, bzw. der SP5.

Zu verdanken haben wir die schnelle und sichere Verbindung dem Ypsilon-Hype der 1960er-Jahre, der die losen Autobahnenden Wiedikon, Letten und Hardturm makrameeartig zusammenknüpfen wollte.

Schnell, weil man auch mit dem Höchstlimit von 20 km/h nur 79 Sekunden für die Unterquerung braucht; sicher, weil man sich nicht mit Autofahrenden und auch nicht mit Fussgänger:innen um den Platz streiten muss – ausser mit denjenigen zu Fuss, die sich mit dem schwarzen Mann mit Hut auf weissem Grund und roter Umrandung nicht identifizieren können – verständlicherweise.

Wer regelmässig mit dem Zug zwischen Zürich und woauchimmer hin- und hertuckert, spart von Tür zu Tür sicher zweimal fünf Minuten pro Tag, weil die Velostation mit 1240 Abstellplätzen beinahe ein Drive-in zu den Geleisen ist.

Und hier noch ein Tipp, der den Klimawandel – im Gegensatz zum konsequenten Velofahren – nicht aufhält, aber erträglicher macht: Die Velostation ist wohl einer der kühlsten Orte in der Stadt, wenn die Sonne ihre Strahlen mal wieder so richtig auf den versiegelten Stadtboden haut.

Deshalb: Bravo Stadt, bravo Tiefbaudepartement. Weiter so – aber wenn’s geht, trotz Rekursen noch Tempo zulegen. Mit Rollator mache ich mich schlecht auf einem Veloweg.

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